Der MDR-Rundfunkrat hat eine abschließende Antwort zur Beschwerde von KALEB Region Chemnitz e.V. und KALEB-Bundesverband e.V. gegeben.
Zur Erinnerung: Am 10.Oktober 2021 strahlte der MDR den Fernsehbeitrag „Schwangere unter Druck“ aus, in dem der KALEB-Beratung Unprofessionalität unterstellt wird. Am 10. November erhob KALEB gegen diesen Beitrag Programmbeschwerde. Ende Dezember ging uns dann eine Erstantwort des Senders zu, in der jegliche Fehler geleugnet wurden. Daher forderte KALEB am 10. Februar den Rundfunkrat auf, über die Beschwerde zu beraten. Der Schwerpunkt lag dabei vor allem auf der Tatsache, dass die Ausrichtung unserer Beratungsarbeit “auf den Schutz des ungeborenen Kindes“, die durch den MDR diskreditiert wurde, nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingende Anforderung an eine verfassungskonforme Schwangerschaftsberatung ist. Obwohl wir ausdrücklich unser Interesse an einer Beteiligung bei den Beratungen des Rundfunkrats mitgeteilt hatten, wurden wir nicht eingeladen. Die Antwort des MDR ging uns am 12. Oktober zu.
Im Antwortschreiben bittet der Vorsitzende des Rundfunkrates, Dietrich Bauer, wegen Neukonstituierung und Corona-Pandemie zunächst „um Nachsicht, dass Sie ungewöhnlich lange auf die Behandlung Ihrer Programmbeschwerde warten mussten.“ Der zuständige Programmausschuss habe sich auf zwei Sitzungen am 21.6. und am 5.7. mit unseren Anliegen befasst. Sodann wird der Beschluss mitgeteilt, der bei einer Enthaltung einstimmig gefasst wurde: „Ein Verstoß gegen die Angebotsgrundsätze wird nicht festgestellt.“
Wir empfinden dies als ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat. Aus welchen Gründen die von uns vorgebrachten Kritikpunkte “nicht nachvollziehbar” sein sollen, wird nicht erklärt. Dass angesichts eines klaren Auftrags des Bundesverfassungsgerichts an die öffentlich-rechtlichen Sender, das Lebensrecht der Ungeborenen zu vertreten, auf Unparteilichkeit gepocht wird, grenzt unseres Erachtens an Ignoranz.
Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass „Schwangerschaftsabbruch immer Tötung ungeborenen Lebens ist“ (BVerfGE 88, 203 (256)). Es handle sich „bei dem Ungeborenen um individuelles, in seiner genetischen Identität und damit in seiner Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit bereits festgelegtes, nicht mehr teilbares Leben, das im Prozess des Wachsens und Sich-Entfaltens sich nicht erst zum Menschen, sondern als Mensch entwickelt. (…) Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Menschenwürde zu.“ Das müsse „unabhängig“ von jeglichen „religiösen und philosophischen Überzeugungen“ anerkannt werden (BVerfGE 88, 203 (251f.)) Und weiter wortwörtlich: „Öffentlich-rechtlicher wie privater Rundfunk sind bei Ausübung ihrer Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) der Würde des Menschen verpflichtet (…); ihr Programm hat daher auch teil an der Schutzaufgabe gegenüber dem ungeborenen Leben.“ (BVerfGE 88, 203 (261))
Erst wer diese Zusammenhänge kennt und den MDR-Beitrag hierauf kritisch prüft, kann wirklich verstehen, wie nachhaltig die Entscheidung des Rundfunkrats unser Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk untergraben hat. Als Hauptproblem des MDR-Beitrages sehen wir, dass er die populistische Ethik der Straße kolportiert, Abtreibung mit Beratungsschein sei erlaubt, wogegen er aber deutlich machen müsste, dass Abtreibung immer rechtswidrig bleibt und warum.
Immerhin erfreulich: „Die Ausschussmitglieder betonten, dass sie es für wichtig halten, zu einem so sensiblen Thema wie der Frage des Schwangerschaftsabbruchs, die Vielfalt der bestehenden Meinungen und der religiösen, weltanschaulichen und politischen Richtungen in möglichster Breite und Vollständigkeit abzubilden. In diesem Zusammenhang wurde angeregt, ebenso ein Augenmerk darauf zu legen, dass der Schutz ungeborenen Lebens im Angebot des MDR auch in anderer Form und mit anderer Herangehensweise thematisiert werde.“
Auch die Medieninitiative Pro hatte eine Programmbeschwerde eingereicht und dabei besonders die ungerechtfertigte „Undercover“-Reportage und weitere handwerkliche Fehler bemängelt. Laut Pressemitteilung vom 26.10.22 lehnte der MDR die Beschwerde zwar ab, nahm aber Kritik an. Christoph Irion, Geschäftsführer der Christlichen Medieninitiative pro, bemängelt allerdings: „Für uns bleibt eine solche verdeckte Recherche unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ein grober Verstoß gegen elementare journalistische Spielregeln“. Denn es sei im Pressekodex klar niedergelegt, dass „unwahre Angaben“ wie etwa fiktive Identitäten von recherchierenden Journalisten „nicht vereinbar“ sind mit anerkannten medienethischen Standards. Nur wenn Informationen von „besonderem öffentlichen Interesse“ nicht anderweitig beschafft werden könnten, sei laut Pressekodex eine verdeckte Recherche „im Einzelfall gerechtfertigt“. Dieser gerechtfertigte Einzelfall lag aber hier nicht vor, da die Recherche keine neuen Fakten ans Licht brachte. Das Mittel einer „Undercover“-Recherche scheint also für den Beitrag somit „eher aus dramaturgischen Erwägungen gewählt“ worden zu sein, schätzt Irion.
Als KALEB e.V. danken wir für die rechtsstaatlichen Instrumente in unserer Gesellschaft, sehen uns aber nach wie vor gerufen, das Lebensrecht der Kinder im Mutterleib zu benennen und zu unterstützen, im persönlichen Umfeld, in der Beratungspraxis, in der Berichterstattung der Medien und in den gesetzgeberischen Gremien unserer Gesellschaft. Denn wir wissen: „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben.“ (Sprüche 14,34)