Als eingetragener Verein „Kooperative Arbeit Leben Ehrfürchtig Bewahren“ sprechen wir uns gegen die Streichung des §219a StGB aus. Der gemeinnützige Verein wurde Anfang 1990 in Leipzig gegründet. Bereits in den letzten Jahren vor der Wende hatten sich einzelne und kleine Gruppen in verschiedenen Kirchen und Gemeinden des Ostens vernetzt, die sich mit den Folgen der DDR-Gesetzgebung von 1972 zur sog. “Schwangerschafts-unterbrechung” auseinandersetzten. So manche Frau klagte schon damals nach der Abruptio “Warum hat mir das keiner gesagt?” und meinte damit sowohl den Entwicklungsstand ihres Kindes als auch die persönliche Tragweite und Tiefendimension einer Abtreibung. Viele Frauen vermissen ihre nichtgeborenen Kinder ein Leben lang schmerzlich.
Die sozialistische DDR-Regierung hatte die Fristenlösung als Errungenschaft der Gleichberechtigung der Frau angepriesen und dafür den irreführenden Werbebegriff der Schwangerschaftsunterbrechung geprägt, obwohl natürlich jedem Laien klar ist, dass eine Schwangerschaft, die mit dem Tod des Fötus beendet wird, nicht fortgesetzt werden kann. Trotzdem zeigte die Verharmlosung Wirkung und viele Frauen ließen den Eingriff mit wenig Überlegung über sich ergehen und erwachten danach mit großem Erschrecken.
Daher hat die Arbeit von KALEB e.V. von Anfang an vier Säulen:
- die Hilfe für Frauen und Familien vor und nach der Geburt,
- die seelsorgerliche Begleitung von Frauen und Männern nach Abtreibung,
- die präventive Aufklärung über Sexualität und Embryonalentwicklung und
- den Einsatz für eine gerechte und ehrliche Gesetzgebung ohne irreführende Beschönigungen.
Damit wären wir beim aktuellen Thema:
Kann der §219a StGB mit dem Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch dazu beitragen, dass Frauen und Männer im Fall einer ungeplanten Schwangerschaft Klarheit gewinnen und eine verantwortliche Entscheidung treffen?
Wir meinen Ja, denn das Werbeverbot orientiert die Betroffenen weg von einer Entscheidung am Bildschirm hin zu einer Kommunikation mit mündigen und kompetenten Mitbürgern und die staatliche Fürsorge wird aktiviert. Außerdem wird einer hedonistischen „Fast-Food-Moral“ widerstanden. Natürlich wissen wir alle, dass unser Leben nicht mit der Geburt begonnen hat, sondern unsere einmalige und unverwechselbare DNA, die sich als Bauplan in jeder Zelle befindet, bereits bei der Zeugung entstand. Entsprechend wird vom deutschen Gesetzgeber der Mensch wenigstens ab der erfolgten Einnistung in der Gebärmutter (14 Tage nach der Zeugung) strafrechtlich geschützt. Auch das ungeborene Kind ist – so das Bundesverfassungsgericht – Träger der Menschenwürde. Gleichwohl gibt es verständlicherweise eine Scheu, die Tötung eines Menschen durch Abtreibung als solche zu bezeichnen, um Verurteilungen und Schuldgefühle zu vermeiden. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass die Vorgänge falsch beschrieben werden. Dies geschieht leider in der jüngsten Vergangenheit häufig auch in Texten der WHO und der UNO, wenn dort die Durchführung von Abtreibungen als „medizinische Grundversorgung“ eingefordert wird.
Die Entfernung eines Embryos aus dem Leib seiner Mutter kann nicht mit der Operation eines Tumors auf eine Stufe gestellt werden.
Während mit einer Tumorentfernung die Gesundheit der Frau – hoffentlich – wiederhergestellt wird, endet jede Abtreibung für einen der beiden „behandelten“ Menschen tödlich. Daher muss ich an dieser Stelle auch das Bild scharf kritisieren, das die Einladung zu dieser Ausschusssitzung auf der offiziellen Webseite des Bundestages ziert. Der dort abgedruckte Slogan “Abortion is healthcare” – kann allenfalls für die sehr seltenen Fälle der medizinischen Indikation gelten. Für die große Mehrheit aller Abtreibungen in unserem Land kann man jedoch nicht von Gesundheitsfürsorge sprechen, da erstens das Leben eines Menschen ausgelöscht wird und zweitens auch die Gesundheit der Frau einem nicht geringen Risiko ausgesetzt wird.
Diese Terminologie ist in den Augen unseres gemeinnützigen Hilfsvereins nicht nur eine Diskriminierung des bereits vorhandenen neuen Menschen, sie ist auch eine Diskriminierung der Frauen, die genau diesen Konflikt persönlich spüren. Wir beklagen, dass die Möglichkeit einer schnell verfügbaren, scheinbar problemlosen Beseitigung einer ungeplanten Schwangerschaft die betroffene Frau dem Druck des Partners, des Arbeitgebers und des Umfelds aussetzt, es solle doch bitte alles wie gewohnt weitergehen. Das Verständnis für die Frau und ihre wirklichen Wünsche und Bedürfnisse nimmt dagegen ab.
Vor diesem Erfahrungshintergrund bitten wir den Deutschen Bundestag, nicht nur den §219a StGB als Teil des staatlichen Schutzes für die Würde des Menschen zu betrachten, sondern darüber hinaus Maßnahmen zu ergreifen, die eine falsche Einordnung von Abtreibungen als „normale“ medizinische Heilbehandlungen verhindern.
Eine Willkommenskultur für Kinder ist – wie die Inklusion Behinderter – nicht nur eine Aufgabe für Einzelpersonen, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Das Werbeverbot für Abtreibungen ist nur ein kleiner Bestandteil des Schutzkonzeptes, das der Staat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu verantworten hat. Der Schutz von Ungeborenen und ihren Müttern hat viele Lücken. Wir appellieren an die Bundesregierung, diese zu schließen, statt bestehende Schutzvorschriften zu beseitigen.
Albrecht Weißbach, Geschäftsführer KALEB e.V.
Den Mitschnitt der Ausschusssitzung finden Sie hier. Ich spreche ab Minute 50:30 mit einigen veränderten Schwerpunktsetzungen gegenüber der schriftlichen Stellungnahme.